Neuer Bundesvorstand der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland nimmt Arbeit auf
05/11/2018„Wir lassen uns nicht instrumentalisieren!“ – Stellungnahme
15/08/2019"40 Jahre Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland“
Jubiläum der Zusammenarbeit
Am 30. Januar 1979 übernahm die baden-württembergische Landesregierung mit ihrem damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth (1937- 2016) die Patenschaft über die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Eine Verpflichtung, der das Bundesland bis zum heutigen Tage treu geblieben ist.
Wie auf der Patenschaftsurkunde vermerkt, soll die Patenschaft die Verbundenheit des Landes Baden-Württemberg mit der LmDR bekräftigen, die Bewahrung, Pflege und Weiterentwicklung des Kulturerbes der Volksgruppe fördern helfen und ihrem Zusammenhalt dienen. Nach den Patenschaften über die Volksgruppe der Donauschwaben und die Landsmannschaft Berlin/Mark Brandenburg war die Patenschaft über die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland die dritte des Bundeslandes.
Die Übernahme der Patenschaft erfolgte mit gutem Grund, schließlich spielte das heutige Baden-Württemberg in der Geschichte der Deutschen aus Russland eine herausragende Rolle. Von dort wanderten zu Beginn des 19. Jahrhunderts die weitaus meisten Deutschen in das Russische Reich aus, und vor allen in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zog es diejenigen, denen eine Rückkehr in das Land ihrer Vorfahren gelungen war, mehrheitlich in den Südwesten der Bundesrepublik, wo ihre Verwandten zumeist wohnten. In Stuttgart wurde 1950 die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland unter dem Namen Arbeitsgemeinschaft der Ostumsiedler gegründet. Heute ist die Landesgruppe Baden-Württemberg die mitgliederstärkste Gliederung des Verbandes, und in der Landeshauptstadt Stuttgart ist seine Bundesgeschäftsstelle zu Hause.
Am 10. November 1979 überreichte dann der baden-württembergische Innenminister Dr. Guntram Palm die Patenschaftsurkunde im Rahmen einer offiziellen Feierstunde im weißen Saal des Neuen Schlosses in Stuttgart dem Sprecher der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Joseph Schnurr. In seiner Ansprache verwies dieser nach einer Zusammenfassung wichtiger Momente der russlanddeutschen Auswanderungs- und Siedlungsgeschichte auf Probleme, mit denen die Deutschen aus Russland bei ihrem Bemühen um eine gelingende Integration konfrontiert wurden, etwa Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche samt der Frage der Anerkennung von Zeugnissen und Diplomen. Als wichtigen Beitrag zur Steigerung des Selbstbewusstseins der Deutschen aus Russland nannte er bereits damals die Erforschung der eigenen Geschichte und Kultur.
Zehn Jahre vor Beginn der großen Ausreisewelle von Deutschen aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten verwies er mit großem Bedauern auf die seit Jahren zurückgehenden Aussiedlerzahlen. Allein beim Deutschen Roten Kreuz, so Schnurr, würden 100.000 Ausreiseanträge liegen, für die keine Visa ausgestellt seien. Direkt an Minister Palm gewandt, führte er zur Bedeutung der Patenschaft aus: „Ich nehme die Urkunde für meine Volksgruppe mit der Gewissheit entgegen, dass der Text mit dem Leben erfüllt wird, von dem beide Seiten eine klare Vorstellung haben. … Für unsere Landsmannschaft ist schon allein das Bestehen eines solchen Patenschaftsverhältnisses von ausschlaggebender Wichtigkeit, nicht nur hinsichtlich der Wahrung der Repräsentanz, sie stärkt und fördert auch die Identifikation unserer Volksgruppe.“
Innenminister Palm bezeichnete die in die Bundesrepublik kommenden Russlanddeutschen als keineswegs nur Nehmende, sie seien vielmehr auch Gebende, solide Stützmauern für die freiheitliche Ordnung des Landes. Schon in den ersten Jahren nach der Übernahme der Patenschaft wurde die baden- württembergische Landesregierung der damit verbundenen Verpflichtung in vorbildlicher Weise gerecht. Nicht zuletzt profitierte davon die Bundesgeschäftsstelle des Verbandes. So überwies die Landesregierung 1981 zusätzlich zu den 500.000 DM, die dank der bewundernswerten Spendenbereitschaft der Mitglieder der LmDR zusammengekommen waren, 200.000 DM, die zur Einrichtung einer Bundesgeschäftsstelle in Göppingen verwendet wurden.
Als man sich 1987 aufgrund der rapide gestiegenen Aufgaben der LmDR gezwungen sah, die Geschäftsstelle nach Stuttgart zu verlegen, konnte das nur dank einer Aufstockung des Patenschaftsgeldes und der Übernahme der Bürgschaft für zinsgünstige Kredite durch Baden-Württemberg ermöglicht werden. Die Übernahme der Patenschaft führte auch dazu, dass nach einer langen Phase von 16 Bundestreffen in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden von 1962 bis 1990 (lediglich 1983 hatte man sich in Karlsruhe getroffen) 1992, 1994, 1996, 1998, 2001 und 2015 Bundestreffen in Stuttgart sowie 2004 ein Bundestreffen in Karlsruhe durchgeführt werden konnten.
Besonders hervorzuheben ist das Bundestreffen des Jahres 1998 auf dem Stuttgarter Killesberg. Zwischen 50.000 und 60.000 Besucher waren gekommen, um Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl als gefeierten Festredner der Feierstunde zu erleben.
Bis zum heutigen Tag wird alle zwei Jahre der 1994 von Ministerpräsident Erwin Teufel geschaffene Kulturpreis des Landes Baden-Württemberg verliehen, inzwischen bereits zum zwölften Mal. Bei der Verleihung des Kulturpreises 2010 betonte der damalige baden-württembergische Innenminister und Landesbeauftragte für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, Heribert Rech, in seiner Festrede: „Das kulturelle Erbe, das die Russlanddeutschen als unsichtbares Fluchtgepäck mitgebracht haben, darf nicht verloren gehen. Es gehört zum geistig-kulturellen Erbe unseres ganzen Volkes und ist Teil der gesamten deutschen Kultur. Wir wollen es bewahren und weitergeben.“
2019 darf die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland mit Freude feststellen, dass sie mit Baden-Württemberg nach wie vor einen zuverlässigen Partner an ihrer Seite hat. Die Übernahme der Schirmherrschaft über ihr Bundestreffen 2015 durch Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist nur einer von vielen Belegen dafür.