Führungswechsel bei der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V.
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20/02/202040 Jahre Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
Beeindruckende Jubiläumsfeier im Stuttgarter Literaturhaus mit dem stellvertretenden baden-württembergischen Ministerpräsidenten Thomas Strobl
Mit einer beeindruckenden Feier wurde am 27. November 2019 im Stuttgarter Literaturhaus die seit 40 Jahren bestehende Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gewürdigt. Die Veranstaltung wurde unter der Schirmherrschaft des stellvertretendes baden-württembergischen Ministerpräsidenten und Ministers für Inneres, Digitalisierung und Migration, Thomas Strobl, durchgeführt.
Der damalige Ministerpräsident des Landes, Lothar Späth (1937-2016), hatte die Patenschaft am 30. Januar 1979 offiziell übernommen. Die Patenschaftsurkunde überreichte am 10. November 1979 der baden- württembergische Innenminister Dr. Guntram Palm im Rahmen einer Feierstunde im Weißen Saal des Neuen Schlosses in Stuttgart dem Sprecher der LmDR, Joseph Schnurr.
Dominierende Rolle Baden-Württembergs
Baden-Württemberg unterstrich damit die besondere Bedeutung des Landes für die Auswanderungs- und Rückkehrbewegung der Deutschen aus Russland. Während die meisten Auswanderer an die Wolga in den 1760er Jahren aus Hessen stammten, kamen die Auswanderer in das Schwarzmeergebiet und den Südkaukasus ein halbes Jahrhundert später vornehmlich aus dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg. Wie der Bundesvorsitzende der LmDR, Johann Thießen, in seiner Rede ausführte, spielte Baden-Württemberg diese Rolle auch, als ab dem Beginn der 1950er Jahre die ersten Deutschen aus der Sowjetunion nach Deutschland ausreisen durften. Zunächst allerdings nur, wenn sie Verwandte in Deutschland nachweisen konnten, was den Wolgadeutschen zumeist nicht möglich war. „Die meisten von ihnen ließen sich“, so Thießen weiter, „in Baden-Württemberg nieder. Dort fanden sie die Traditionen und die Sprache, die sie in ihren Siedlungsgebieten über Jahrhunderte gepflegt und bewahrt hatten. Und dort war man am weitesten entfernt vom Zugriff der sowjetischen Machthaber.“
Als einen der Höhepunkte in der Geschichte der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland bezeichnete der Bundesvorsitzende das Bundestreffen 1998 in Stuttgart, „für das zum einzigen Mal in der Geschichte der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland mit Helmut Kohl ein Bundeskanzler als Festredner gewonnen werden konnte.
Gut 50.000 Besucher trafen sich damals unter dem Motto ‚Einigkeit macht stark‘ auf dem Stuttgarter Killesberg, nicht zuletzt um mit Helmut Kohl den Mann live zu erleben, der für sie wie kein anderer für den gewaltigen Anstieg der Aussiedlerzahlen ab Ende der 1980er Jahre stand.“
Ebenfalls in Stuttgart habe 2015 unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann das vorläufig letzte Bundestreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland stattgefunden, für das man das Motto „Deutsche aus Russland – von Hilfesuchenden zu Leistungsträgern“ gewählt habe.
Zurück in der ersehnten Heimat
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“ Unter diesen Bibelvers aus Jesaja 9, der dem wandernden Volk der Israeliten gewidmet ist, stellte Oliver Seel, Stadtjugendpfarrer aus Mannheim, seine einleitende Andacht. Er könne aber auch für die Russlanddeutschen gelten, die auf zahlreiche freiwillige Wanderungen, mehr noch aber auf mit zahllosen Opfern verbundene Vertreibungen und Deportationen zurückblicken könnten. Glücklicherweise hätten die Deutschen aus Russland jedoch niemals ihr Vertrauen auf Gott und ihre Hoffnung auf ein besseres Leben verloren, so dass heute die allermeisten von ihnen in ihrer ersehnten Heimat Deutschland leben könnten.
Zuverlässiger Einsatz für die Deutschen aus Russland
Der Vorsitzende der Landesgruppe Baden- Württemberg der LmDR, Ernst Strohmaier, betonte in seiner Begrüßungsansprache, dass die 40 Jahre der Patenschaft nicht nur von der Fürsorge des Landes Baden- Württemberg geprägt gewesen seien, sondern auch von harter Arbeit der Landsmannschaft. Das sei beispielsweise bereits 1979, im Jahr der Übernahme der Patenschaft, der Fall gewesen, als die sowjetische Führung alles unternommen habe, um die Deutschen aus Russland an der Ausreise nach Deutschland zu hindern. Den seit 1979 amtierenden baden-württembergischen Landesregierungen dankte er für die Zuverlässigkeit und Treue, mit denen sie über vier Jahrzehnte hinweg den durch die Übernahme der Patenschaft eingegangenen Verpflichtungen gerecht geworden seien. Aktuell erwähnte er die Unterstützung der Landsmannschaft durch Thomas Strobl bei ihrem Einsatz für eine gerechte Rentenregelung im Spätaussiedlerbereich. Erfreulich groß war die Anzahl der Ehrengäste, die Strohmaier im vollbesetzten Saal des Literaturhauses willkommen heißen durfte. Neben dem Ehrenvorsitzenden der LmDR, Adolf Fetsch, und Mitgliedern des Bundesvorstandes und des Vorstandes der Landesgruppe Baden-Württemberg waren dies unter anderem die baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Andreas Deuschle und Fabian Gramling, der ehemalige Ministerialdirigent im baden-württembergischen Innenministerium, Herbert Hellstern, die Leiter des Kulturreferats für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold und des Bayerisches Kulturzentrums der Deutschen aus Russland in Nürnberg, Edwin Warkentin und Waldemar Eisenbraun, und Redaktionsmitglieder der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“, die sich Ende November auf einer Informationsreise durch Süddeutschland befanden.
Unterstützung im Rahmen der Patenschaft
Adolf Fetsch, Bundesvorsitzender von 2003 bis 2013, erinnerte in seiner Ansprache unter anderem an das erste Bundestreffen der LmDR, das 1951, ein Jahr nach ihrer Gründung unter dem Namen Arbeitsgemeinschaft der Ostumsiedler, in Stuttgart-Feuerbach stattfand. Zu einer Zeit, als so gut wie keinem Russlanddeutschen die Ausreise aus der Sowjetunion gestattet wurde. Bereits bei diesem ersten Bundestreffen hätten die Sprecher der Landsmannschaft ihre Pflicht und Verantwortung betont, die deutsche Öffentlichkeit auf das Schicksal der in der Sowjetunion verbliebenen Landsleute aufmerksam zu machen. Diese Bemühungen hätten, so Fetsch, dazu beigetragen, dass das Schicksal der Deutschen aus Russland nicht aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwand und es zu einem rapiden Anstieg der Aussiedlerzahlen aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten ab Ende der 1980er Jahre kommen konnte. Dabei und in vielen anderen Bereichen sei die LmDR in ganz erheblichem Maße auf den ehrenamtlichen Einsatz ihrer Mitglieder angewiesen gewesen, zumal Baden- Württemberg bis zum heutigen Tag das einzige Bundesland geblieben sei, das den Verband im Rahmen der Patenschaft auch finanziell unterstützt habe.
Thomas Strobl: „Für Baden-Württemberg war die Zuwanderung der Deutschen aus Russland ein Glücksfall.“
In seiner Festrede bezeichnete der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl die Übernahme der Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die LmDR als Zeichen der Solidarität mit den Deutschen aus Russland und ihrem Schicksal. Der in der Patenschaftsurkunde festgehaltenen Zusage der Landesregierung von Baden-Württemberg fühlten sich die gegenwärtige Landesregierung und er selbst nach wie vor verpflichtet. Heute könne man feststellen, dass die Übernahme der Patenschaft ein Gewinn für beide Seiten gewesen sei. Wörtlich sagte Thomas Strobl: „Für Baden-Württemberg war die Zuwanderung der Deutschen aus Russland ein Glücksfall.“ Und er appellierte an die Vertreter der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland: „Erzählen Sie Anderen vom Schicksal der Deutschen aus Russland, das immer noch viel zu wenig bekannt ist!“ Für die Zukunft sicherte der stellvertretende Ministerpräsident der Landsmannschaft eine Aufstockung der institutionellen Förderung um 20 Prozent und einen Förderbetrag in Höhe von 150.000 für die Renovierung des Hauses der Deutschen aus Russland in Stuttgart zu. Zusätzlich würden erhebliche Finanzmittel für das historische Seminar der Universität Heidelberg bereitgestellt. Zum Abschluss überreichte er der langjährigen ehemaligen Vorsitzenden der Landesgruppe Baden-Württemberg und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der LmDR, Leontine Wacker, in Anerkennung ihrer Verdienste die Staufer-Medaille des Landes Baden-Württemberg.
„Die Patenschaft soll die Verbundenheit des Landes Baden-Württemberg mit der Landsmannschaft bekräftigen, die Bewahrung, Pflege und Weiterentwicklung des Kulturerbes der Volksgruppe fördern helfen und ihrem Zusammenhalt dienen.“
Patenschaftsurkunde