Erst vor einigen Wochen, am 14. August, luden der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) und die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Doris Schröder-Köpf (SPD), Vertreter der Landsmannschaft zu einem festlichen Empfang in das Gästehaus der Landesregierung, um den Beitrag der Landesgruppe Niedersachsen zur Integration in ihrer 60-jährigen Geschichte zu würdigen. Am 20. Oktober waren nun Mitglieder der LmDR und Ehrengäste zur Feier anlässlich des 60. Gründungstages der Landesgruppe Niedersachsen in die Hannoveraner Ada- und-Theodor-Lessing-Volkshochschule eingeladen.
Zu den Ehrengästen, die zum Teil auch Stammgäste bei Veranstaltungen der Landsmannschaft in Niedersachsen sind, zählten Klaus-Peter Bachmann (SPD; Vizepräsident des Niedersächsischen Landtags), Boris Pistorius, Doris Schröder-Köpf, Editha Lorberg (stellv. Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion), Dr. Frank Frühling, Klaus Engemann und Kathrin Suslik (Ministerium für Inneres und Sport), Petra Tielmann (stellv. SPD-Fraktionsvorsitzende im Niedersächsischen Landtag), Heinrich Hörnschemeyer (Leiter des Grenzdurchgangslagers Friedland), Katrin Langensiepen (Hannoversche Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen), Kurt Freitag (Verband der Siebenbürger Sachsen), Karin Loos (Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen), Konstanze Beckedorf (Sozial- und Sportdezernentin, Hannover) und Peggy Zander (Fachbereich Soziales, Integration; Antidiskriminierungsstelle Hannover).
Stolz auf der Mannschaft
Die Landesvorsitzende Lilli Bischoff blickte in ihrem Begrüßungswort auf die landsmannschaftlichen Aktivitäten in Niedersachsen in den vergangenen Jahrzehnten zurück: „Wir haben die schwierigen Zeiten hinter uns, wir haben daraus gelernt und Erfahrungen gesammelt. Wir sind nun bereit, denen zu helfen, die jetzt nach Deutschland kommen.“ Ohne zuverlässige Helfer und Förderer – auch aus der Politik – wäre vieles gar nicht machbar, betonte sie.
Sie lobte die heutigen Aktiven, die durch ihr nicht selbstverständliches Engagement die Ortsgruppen am Leben halten, und dankte den Mitgliedern des Landesvorstandes für die tatkräftige Unterstützung bei allen Vorhaben. „Ich bin ganz stolz auf die Mannschaft. Was zählt, ist unsere gemeinsame Leistung“, so Lilli Bischoff.
Wie sich die Landesgruppe in den vergangenen 60 Jahren entwickelte, darüber berichtete anhand einer PowerPoint-Präsentation die Studentin Valerie Cholodow. Die junge Deutsche aus Russland, die sich bei der Landsmannschaft ehrenamtlich in der Jugendarbeit engagiert, widerlegt mit ihrer Biografie so manches negative Klischee. „Wir haben unsere Geschichte, so sind wir, und wir können helfen, die Gesellschaft voranzubringen“, sagte sie.
Echte Mitgestalter der Gesellschaft
Boris Pistorius übte sich zu Beginn seiner Festrede in Russisch, was mit begeisterten Beifall des Publikums honoriert wurde. „Die Landsmannschaft in Niedersachsen spielt für die etwa 340.000 Deutschen aus Russland, die in Niedersachsen wohnen, eine ganz wichtige Rolle. Sie bewahrt die Identität und ist ihr kultureller Anker. Vielen von ihnen hat die Landsmannschaft die Integration im zuerst fremden Land maßgeblich erleichtert“, würdigte er die Bedeutung der Landsmannschaft und ergänzte. „Auch bei der Integration von Flüchtlingen brauchen wir Sie mit Ihren wertvollen Erfahrungen.“ Mit Blick auf weitere Aktivitäten, wie etwa Sportfeste, Kulturfestivals oder Adventsempfänge, bei denen immer wieder auch Gäste aus Russland oder der Ukraine dabei sind, lobte der Innenminister die grenzüberschreitenden Bemühungen der Landesgruppe.
Die Landsmannschaft, so Pistorius weiter, bekenne sich zu den demokratischen Werten, die in dieser Republik gelebt würden. Durch ihre Bereitschaft zu integrieren und mitzugestalten habe sie bewiesen, dass „die Russlanddeutschen echte Mitgestalter unserer Gesellschaft sind“, sagte er mit Blick auf zahlreiche russlanddeutsche Leistungsträger in allen Lebensbereichen. „Ich fühle mich bei Ihnen sehr wohl und bleibe mit Ihnen auch in Zukunft als Schirmherr herzlich verbunden“, erklärte Pistorius zum Abschluss seiner Rede.
Verbundenheit mit der LmDR
Klaus-Peter Bachmann ist einer der Stammgäste landsmannschaftlicher Veranstaltungen. Allein in diesem Jahr sei er bereits zum vierten Mal dabei, betonte er. Für die Zukunft wünschte er der Politik, im Bereich der Anerkennung von mitgebrachten Abschlüssen der Spätaussiedler endlich voranzukommen. „Das war schon vor Jahrzehnten Thema, doch wir sind immer noch nicht zum Schluss gekommen“, so Bachmann. Der Landsmannschaft wünsche er, stellvertretend für alle russlanddeutschen Spätaussiedler in Niedersachsen, mehr Teilhabe am politischen Leben und Engagement im Bereich der politischen Bildung.
Es sei schade, dass viele Spätaussiedler nicht Mitglieder der Landsmannschaft sind, denn die „Landsmannschaft hat sich klar zu unseren demokratischen Werten bekannt. Werden Sie Mitglied der Landsmannschaft! Das würde den Verband stärken“, so sein leidenschaftlicher Aufruf, der mit viel Beifall bedacht wurde. „Ich bleibe der Landsmannschaft auch in Zukunft verbunden und komme immer wieder zu ihren Veranstaltungen“, ergänzte er.
Editha Lorberg ging auf 15 Jahre Zusammenarbeit der CDU mit der Landesgruppe Niedersachsen ein, die noch unter dem Landesvorsitz von Wendelin Jundt begonnen habe und in den folgenden Jahren kontinuierlich ausgebaut worden sei. „Es gibt noch viele Bretter, die wir bohren müssten, wir sind noch lange nicht am Ziel. Freunde lassen einander nie im Regen stehen“, bemerkte sie zu ihrem Regenschirm-Geschenk mit Symbolkraft.
Konstanze Beckendorf überbrachte die Grüße der Stadt Hannover und ihres Oberbürgermeisters Stefan Schostok. Auch sie lobte das Engagement der Landsmannschaft in Hannover, vor allem ihre aktive Mitwirkung am lokalen Integrationsplan vor zehn Jahren. Auch werde die Landsmannschaft zur Überarbeitung des lokalen Integrationsplans wieder eingeladen.
Sie betonte ausdrücklich die Bedeutung der Landsmannschaft als kultureller Anker für die Deutschen aus Russland, die Kultur bewahre und den Ursprung nicht vergesse. Dabei unterstütze sie Menschen, die es nicht so leicht hätten, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. So werde die Landsmannschaft auch ihrem Motto gerecht, durch Zusammenhalt die Zukunft zu gestalten.
Ehrungen und kultureller Rahmen
Im Anschluss würdigte Lilli Bischoff im Namen des Bundesvorstandes das langjährige ehrenamtliche Engagement mehrerer Aktiven aus den niedersächsischen Ortsgruppen. Die bronzene Ehrennadel erhielten Galina Schneider, Maria Kulikov, Berta Herzen und Ursula Hein aus Neustadt am Rübenberge sowie Irene Vogel und Michael Adler aus Osnabrück. Mit der silbernen Ehrennadel wurden Amalia Stoppel und Nina Menk aus Celle ausgezeichnet.
Den lebhaften Beifall des Publikums, eine „Blume von Herzen“ und einen Jubiläums-Kugelschreiber mit Inschrift konnten zahlreiche langjährige Mitglieder der Landesgruppe Niedersachsen der LmDR, die ihre Ortsgruppen seit Jahren voranbringen, genießen und in Empfang nehmen.
Für die kulturelle Umrahmung sorgten Solisten, Chöre und Tanzgruppen aus Niedersachsen. Mit klassischen und modernen Stücken auf dem Klavier Sophie Gawlowski und Veronika Flach, mit Gesang auf Deutsch und Russisch die Chöre „Klingende Runde“ aus Hannover (Leitung: Tamara Schewtschenko) und „Kalinka“ aus Neustadt (Leitung: Galina Schneider), Natalia Stapel (Celle) und eine Folkloregruppe aus Braunschweig. Weiter angeheizt wurde die Stimmung durch Tanzdarbietungen zu schwungvoller Musik. Dazu trugen eine Hobbytanzgruppe aus Wolfsburg (Leitung: Jakob Kremer) und eine Tanzgruppe aus Winsen (Leitung: Nadja Kurz) bei.
Die Gäste konnten sich anhand einer umfangreichen Fotoausstellung mit den Aktivitäten der Landesgruppe vertraut machen. Und schließlich wurde auch das reichhaltige Büfett gerne in Anspruch genommen.
Nina Paulsen, Nürnberg