Vor 50 Jahren, am 3. November 1972, erfolgte der Erlass (Dekret) des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die Aufhebung der Einschränkungen in der Wahl des Wohnsitzes, die früher für einzelne Kategorien von Bürgern vorgesehen waren“. Die Hauptgründe dafür waren der Deutsch-sowjetische Vertrag vom 12. August 1970 sowie die neue deutsche Auswanderungsbewegung.
Somit wurden die Einschränkungen in der Wahl des Wohnsitzes, die durch den Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 13. Dezember 1955 für Deutsche und deren Familienmitglieder vorgesehen waren, aufgehoben.
Allerdings erhielt der Erlass einige Widersprüche und weitere Bestimmungen, welche eine freie Wahl des Wohnsitzes sehr beschränkten – vor allem weil es von Passverordnungen und Arbeitskräftebedarf abhängig gemacht wurde. In der Praxis bedeutete dies, dass eine Rückkehr in die Heimatorte für die Russlanddeutschen ohne „Anwerbung“ nicht möglich war.
Zudem mussten polizeiliche Zuzugsgenehmigungen für den jeweiligen Ort eingeholt werden. Dadurch konnte der „Zuzug“ von unerwünschten Personen oder Gruppen in bestimmte Gebiete verhindert werden.
Darüber hinaus gab’s noch einen großen Haken: Eine Veröffentlichung des Dekrets war auf Weisung des Generalstaatsanwalts der UdSSR vom 9. November 1972 verboten – und wurde somit dem breiten Publikum nicht bekanntgegeben. Einigen Deutschen wurde er jedoch auf dem Dienstweg bekannt oder auch in einigen Behörden zitiert, um das Argument der Deutschen zu widerlegen.
Quelle: Lydia Klötzel, „Die Russlanddeutschen zwischen Autonomie und Auswanderung“, 1999.