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13/11/2023Termine der Wanderausstellung im November-Dezember 2023
16/11/2023Stellungnahme der LmDR zur Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestags zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes am 13. November 2023
Stuttgart, 14.09.2023
Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LmDR) begrüßt, dass die Bundesregierung eine Änderung des Bundesvertriebenengesetzes in den drängendsten Problemen „Gegenbekenntnis“ und „Wohnsitzvoraussetzung“ im Sinne eines an die Lebenswirklichkeit angepassten Rahmens auf den Weg gebracht hat.
Fast täglich erreichen die LmDR Hilferufe von Landsleuten aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, die einen Ablehnungsbescheid zu ihrem Aufnahmeantrag als Spätaussiedler erhalten haben. Die Menschen sind verzweifelt, da sie die Argumentation des Bundesverwaltungsamtes (BVA) oft nicht nachvollziehen und auch die Begründung sowie die damit einhergehenden Anforderungen des BVA nicht erfüllen können. Der häufigste Ablehnungsgrund ist dabei das sogenannte „Gegenbekenntnis“, eine Eintragung zu einer anderen Volkszugehörigkeit als der Deutschen in Personaldokumenten.
Diese Eintragungen wurden im kommunistischen Unrechtsstaat Sowjetunion von den damaligen Behörden vorgenommen, meist eigenmächtig durch sowjetische Beamte und ohne Nachfrage an die Betroffenen. Oder es wurde bei der erstmaligen Ausgabe eines Inlandspasses im Alter von 16 Jahren massiver Druck auf die Jugendlichen ausgeübt. Vor allen Dingen wurde Druck ausgeübt in den Fällen, in denen die Mutter Angehörige der deutschen Minderheit war. Hier kam also noch ein traditionelles gesellschaftliches Rollenverständnis hinzu. Und wenn es erst einmal zur Eintragung einer nichtdeutschen Nationalität gekommen war, es einem oppositionellen Akt gleichkam, nachträglich Änderung zu verlangen.
Gleichzeitig ist es heute formalrechtlich so gut wie nicht mehr möglich, Nationalitäteneintragungen in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion überhaupt noch ändern zu lassen. Diese Menschen hätten also nicht einmal die Möglichkeit, den Anforderungen des BVA zu entsprechen.
Für die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gilt: Diejenigen Landsleute, die als Spätaussiedler nach Deutschland kommen wollen, haben einen berechtigten Anspruch, mittels eines verlässlichen, gerechten und geordneten Verfahrens Aufnahme zu finden. Rechtsprechung und Verwaltungspraxis müssen sich an der aktuellen Lebenswirklichkeit der Betroffenen messen lassen. Gerade wenn alle weiteren Bedingungen wie Abstammung und Sprache erfüllt sind, kommt eine Ablehnung eines Aufnahmeantrages als Spätaussiedler einer Negierung des Kriegsfolgeschicksals der dortigen deutschen Minderheiten und damit einer nachträglichen Legitimierung dieser kommunistischen Diktatur gleich.
Gerade jetzt und durch den russischen Überfall auf die Ukraine sind unsere Landsleute beiderseits der Grenze von Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung betroffen. Wenn deutsche Landsleute, die die Aufnahme als Spätaussiedler in Deutschland beantragen, ein aktuelles Bekenntnis zum deutschen Volkstum nachweisen können, dann dürfen frühere, anderslautende Bekenntnisse nicht mehr zur Ablehnung des Antrages führen.
Mit Blick auf die russische Aggression in der Ukraine mahnen wir zudem an, dass eine Regelung des Wertungswiderspruches zwischen vorübergehender Fluchtrettung gemäß dem Aufenthaltsgesetz bzw. entsprechenden europäischen Regelungen und einem endgültigen Verlassen des Aussiedlungsgebietes im Sinne des BVFG gefunden werden muss. Der heutige Krieg Russlands gegen die Ukraine und dessen Folgen kann und darf nicht als Unterbrechung des Aussiedlungszusammenhangs für deutsche Aussiedlerbewerber gewertet werden. Wer seine Heimat für die Zeit einer humanitären Krise verlässt, darf nicht seinen Anspruch auf Aufnahme als Spätaussiedler verlieren.
Die LmDR befürwortet die vorgeschlagene Änderung zum Gegenbekenntnis sowie die vorgeschlagene Änderung zur Wohnsitzvoraussetzung.
Johann Thießen
Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V.